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Der Mensch ein Magier

Der Zauberlehrling im Spannungsfeld zwischen Frieden, Freiheit und grausamer Realität

In unserer durch Umbrüche und Krisen gezeichneten Welt wirkt der Mensch oft wie ein Wirbelsturm, der in der Spannung zwischen Visionen einer freien und friedlichen Menschheit und häufig grausamer Realität seine Spuren der Zerstörung hinterlässt.

Mit seiner Neugier und Kreativität konzentriert er Kräfte, die er nicht lenken kann. Man muss oft an einen Zauberlehrling denken, einen Magier, der nicht mehr Herr der Situationen ist, die er entfesselt hat. Ein Magier ist ein Mensch, der zaubern kann. Wir kennen ihn als den Zauberer, der einer faszinierten Menschenmenge Kunststücke vorführt. Auch der Akrobat, der Unmögliches zeigt oder der Künstler, der mit seinen Bildern den Zuschauer in andere Welten entführt, sie alle sind Magier. Jeder arbeitet mit seiner ihm innewohnenden Magie, wenn er Visionen oder Ideen verwirklicht, wenn er Ziele verfolgt. Der Weg zum Erfolg ist oft steinig, aber immer wieder ergeben sich wie von magischer Hand bereitete Möglichkeiten, die das Ziel näher rücken lassen.

Wenn man nachts den stillen, grenzenlosen Himmel beobachtet, entsteht mitunter das Gefühl, dass dort alles und jedes, wie von magischer Hand geordnet, seinen vorgezeichneten Bahnen folgt. Die Sternwarte wandert mit ihrem großen Auge durch seine Tiefen und erblickt Myriaden von Sternen. Alle Bahnen ineinander verwoben wirken wie ein großes Netz, über das jeder Planet mit den anderen verbunden ist. Dringt man tiefer ein, taucht die Frage nach dem Lenker auf. Wer oder was ordnet und lenkt dieses faszinierende Schauspiel?

Kehren wir zurück zur Erde, zum Menschen. Das Leben erscheint kleiner, die Welt übersichtlicher als der unendlich große Kosmos, der sich hinter dem Himmel verbirgt. Dort lenken wir und leben mit unserer eigenen Magie. Wir freuen uns, wenn sich alles nach unseren Vorstellungen ordnet. Was bleibt, ist eine leichte Spannung, manchmal ein Unbehagen, die kleine Angst vor dem Unerwarteten oder die Vorfreude auf ein neues Abenteuer. Manchmal ist unser Leben friedlich wie ein windstiller Morgen, um im nächsten Moment die Dynamik eines Wirbelsturms anzunehmen. Dringen wir in unser Innerstes vor, nach den Ursachen forschend, dann wird unsere Welt dort wieder unfassbar groß. Sie ist ein Kosmos aus Gedanken und Gefühlen, die sich zu Bildern, Erinnerungen und Vorahnungen zusammensetzen. Auch hier gibt es einen Lenker. Mal steuern wir ganz bewusst, um im nächsten Moment einen Lenker zu erleben, der aus Tiefen heraus wirkt, die wir nicht kennen.

Lassen wir unseren Himmel vor dem inneren Auge vorbeiziehen, dann ist alles miteinander verbunden. Leben ist innen wie außen vernetzt und zieht aus diesem Netz seine Kraft, sein Bewusstsein und entwickelt seine Magie. Jede Handlung wirkt auf dieses Lebensgewebe, und wird im nächsten Moment überall sichtbar, erschafft Freud und Leid, helle und dunkle Stunden. In dieses Netz eingewoben, ganz unmittelbar mit allem verbunden, wirkt sich jeder Gedanke, jede Regung auf jeden anderen Ort aus. Auf diese Weise kann die kleinste Regung wie der Flügelschlag eines Schmetterlings sein, der irgendwo einen Wirbelsturm auslöst. So führt Sichtbares und Unsichtbares zu unserem Handeln, bestimmt unsere Magie.

Die Magie zieht ihre Kraft aus unterschiedlichen Quellen. Mal entwickelt sie sich aus dem ganz persönlichen Erleben, um im nächsten Moment ihre Kraft aus Wissenschaft, Religion oder Kunst zu ziehen. So hat das Leben mal einen sehr begrenzten und persönlichen Wirkungskreis, um dann wieder an anderer Stelle in großen Bereichen des menschlichen Lebens zu wirken. Magie ist Bewegung, macht die Taten sichtbar. Dringt man tiefer zum Ursprung dieser Bewegung vor, werden die Kräfte unpersönlicher, wirkt ihre Magie selbstloser, werden die Taten altruistischer. Die eigene Identität bleibt jedoch immer erhalten, die Motivation immer an die eigene Persönlichkeit gebunden.

Doch so, wie der Wirbelsturm seine gesamte Dynamik aus einem Mittelpunkt vollkommener Stille und wolkenloser Klarheit entwickelt, gibt es auch im Menschen einen Mittelpunkt, aus dem sich alles entwickelt. Dort löst sich die eigene Identität auf, beginnt eine andere Identität zu wirken. Entwickelt sich die Wirkung aus dieser Mitte, dann ist eine grundsätzliche Veränderung die Folge. Dort lebt eine Magie, die in der Lage ist, die Welt aus den Angeln zu heben. Dieser Punkt ist mit einer Welt verbunden, die noch größer und unfassbarer ist als das Universum, das wir im nächtlichen Himmel wahrnehmen. Diese Welt umfasst alles, was ist und nicht ist. Hier, gleichsam im Auge des Sturms, entwickelt sich eine Magie, die aus einer unbegrenzten Gegenwärtigkeit wirkt. Aus diesem Zentrum entwickelt sich die höchste Form der Magie, die vollkommen eins ist mit dem, was ist und nicht ist, und sie ist eins mit dem Menschen, der aus dieser Einheit wirkt. Ein solcher Mensch ist ein gnostischer Magier, seine Kraft eine nicht vorstellbare Liebe.