Die Erfahrung des Todes, die Rückkehr zum wahren Leben, die Reinigung des Herzens und der Weg der Erfahrung sind die Gesprächsthemen im Dialog zwischen Hermes und Pymander in der Versen 48-60 des Corpus Hermeticum.
Die Erfahrung des Todes
48. Als Gott also gesprochen hatte, bewirkte die Vorsehung durch das Schicksal und die verbindende Kraft der Sphären die Vermischung und setzte die Fortpflanzung ein; und alle Wesen vermehrten sich nach ihrer Art; und wer sich selbst als unsterbliches Wesen erkannte, ist auserkoren vor allen. Wer aber den Körper geliebt hat, der aus dem Wahn der Begierde hervorgegangen ist, muss weiter in der Finsternis umherirren und die Erfahrung des Todes durchleiden.«
49. Welchen entsetzlichen Fehler«, so rief ich aus, »haben denn jene begangen, die in Unwissenheit sind, dass sie der Unsterblichkeit beraubt sind?«
50. »Ich glaube, dass du nicht darüber nachgedacht hast, was du vernommen hast. Habe ich dich nicht vor allem gebeten, aufmerksam zu sein?«
51. »Ich denke nach«, sagte ich, »und ich erinnere mich nun und danke dir.«
52. »Wenn du nachgedacht hast, sage mir dann, warum jene, die im Tode sind, zu sterben verdienen.«
53. »Weil der Quell, aus welchem ihr Körper hervorkommt, die Finsternis ist, welche die feuchte Natur entstehen ließ; diese stellte in der sinnlichen Welt den Körper zusammen, in dem der Tod seinen Durst löscht.«
Rückkehr zum wahren Leben
54. »Das hast du gut verstanden. Aber warum kommt der, welcher sich selbst erkannt hat, zu Gott, wie Gottes Wort es sagt?«
55. »Weil«, so antwortete ich, »der Vater aller Dinge, aus dem der Mensch geboren ist, Licht und Leben ist.«
56. »Ja, Licht und Leben, das ist Gott der Vater, aus dem der Mensch geboren ist. Wenn du also weißt, aus Leben und Licht hervorgegangen und aus diesen Elementen zusammengefügt zu sein, wirst du zum Leben zurückkehren.« Das war es, was Pymander mir sagte.
57. »Aber sage mir noch, o mein Gemüt, wie werde ich zum Leben eingehen?« fragte ich. »Denn Gott hat gesagt: `Lass den Menschen, der das Gemüt besitzt, sich selbst erkennen.’ Besitzen denn nicht alle Menschen das Gemüt?«
58. »Achte auf das, was du sagst! Denn ich, Pymander, das Gemüt, komme zu jenen, die heilig und gut, rein und barmherzig sind, zu den Gottesfürchtigen; meine Gegenwart wird ihnen zur Hilfe, sodass sie sogleich alles erkennen; und sie werden durch ihre Liebe dem Vater wohlgefällig und danken ihm in kindlicher Anhänglichkeit mit den Lobpreisungen und Gesängen, die sie ihm schuldig sind. Ehe sie ihren Körper dem Tod übergeben, dem er gehört, verachten sie ihre Sinne, weil deren Wirkungen ihnen nur allzu gut bekannt sind.
Die Reinigung des Herzens
59. Ja, ich, das Gemüt, werde keinesfalls zulassen, dass die Wirkungen des Körpers, die sie angreifen, ihren Einfluss auf sie ausüben: denn als Wächter der Türen werde ich bösen und beschämenden Taten den Zugang versagen und unheilige Vorstellungen unterbinden.
Der Weg der bitteren Erfahrung
60. Doch ich halte mich fern von den Törichten, den Schlechten, den Verdorbenen, den Abgünstigen, den Habsüchtigen, den Mördern und den Gottlosen; ich überlasse sie dem rächenden Dämon, welcher solche Menschen mit der Geißel des Feuers bearbeitet, es so in ihre Sinne treibt und sie dadurch noch mehr zu unheiligen Taten anspornt, damit an ihnen eine noch größere Strafe vollzogen werde. Die Begierde dieser Menschen sucht dann auch fortwährend größere Befriedigung und lässt sie in der Finsternis wüten, ohne dass sie gesättigt werden kann. Darin besteht ihre Qual, und dadurch lodert die Flamme, die sie versengt, immer höher.«
Kommentar Ägyptische Urgnosis Bd. 1: Das Rad der Geburt und des Todes
Ägyptische Urgnosis Band 1, S.78/79