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Die Chinesische Gnosis (26 bis 28)

Kommentare zum Tao Teh King von Lao Tse

Jan van Rijckenborgh und Catharose de Petri kommentieren in den Kapiteln 26 bis 28 Texte von Lao Tse über den ursprünglich göttlichen Menschen, der versunken ist. In ihm vereinen sich die männliche Kraft und die weibliche Sanftmut.

Kapitel 26

Das Schwere ist die Wurzel des Leichten;
die Ruhe ist der Meister der Bewegung.

Darum lässt der Weise niemals ab
von Schwere und Ruhe.

Wenn es noch so viel Schönes zu sehen gibt,
er bleibt in der Ruhe wohnen
und hält sich davon fern.

Aber leider achtet der Herr
der zehntausend Wagen
das Reich gering um seinetwillen.

Dadurch, dass er sie gering achtet,
verliert er seine Minister.

Dadurch, dass er sich mitschleppen lässt,
verliert er die Herrschaft.

Die Heilige Erde

So zeigt sich, dass es ein mächtiges Lebensgeheimnis gibt, ein mit dem Herzen verbundenes Mysterium, das von Ihnen aufgelöst werden kann und muss. Es ist das Geheimnis, wie Sie den Schwerpunkt Ihres Lebens, die Wurzel Ihres Bestehens aus der Tiefe der Erde in den Urgrund des Logos verlegen. Und Sie wissen bereits: Es ist ein Geheimnis des Herzens. Wenn Sie die Bibel kennen, dann wissen Sie, dass es stets um das folgende Problem geht: um die Erlösung aus der irdischen Welt und das Eintreten in die ewige Herrlichkeit des anderen Planeten, die heilige Erde, die Johannes in einem bestimmten Augenblick sich aus dem Himmel herabsenken sah. Er wurde vollkommen eins damit. Der Weise, der dieses Geheimnis gelöst hat, lässt niemals ab von Schwere und Ruhe, sagt Lao Tse. Denn sein Lebensschwerpunkt liegt im Anderen, hat sich im Anderen entwickelt. (…) Der Schwerpunkt Ihres Lebens muss vom Haupt ins Herz verlegt werden; dann öffnet sich das große Wunder für Sie. Das ist das Endura, das heißt die Einkehr, die Umkehr des ganzen Persönlichkeitswesens zum wahren, zum höchsten Selbst, zum Herrn des Lebens in Ihnen, zur heiligen goldenen Rose, die im Herzen wohnt und strahlt.

Kapitel 27

Wer gut geht,
hinterlässt keine Spuren.

Wer gut spricht,
gibt keinen Anlass zu Tadel.

Wer gut zählt,
braucht keine Hilfsmittel.

Wer gut schließt,
braucht keinen Riegel,
und dennoch kann man nicht öffnen,
was er verschließt.

Wer gut bindet, braucht keine Schnur,
und dennoch kann man nicht lösen,
was er bindet.

Darum ist der Weise stets ein Helfer der Menschen;
er verwirft keinen.

Er ist stets ein Helfer der Dinge
und verwirft keines.

Das nenne ich doppelt erleuchtet sein.

Darum ist das Gute der Lehrmeister des Schlechten;
das Schlechte der Lehrmeister des Guten.

Wer der Macht keinen Wert zumisst
und Überfluss gering achtet,
hat, mag seine Weisheit auch als Torheit erscheinen,
die All-Weisheit gewonnen.

Der Drang zum Guten

Die Idee, der Traum vom Allein-Guten ist im Menschen vorhanden. In allen Naturgeborenen liegt ein Drang zum Guten, sogar im schlimmsten Verbrecher ist ein Traum des Guten versunken. Dieser Traum vom Guten kann in der Welt der dialektischen Erscheinungsform nie Wirklichkeit werden. In unserer Naturordnung kann man unmöglich das Gute, die Güte verwirklichen. »Niemand ist gut, auch nicht einer.« (…) Müssen die Weisen sich vollkommen von den sogenannten »Schlechten« distanzieren? Ist Schlechtigkeit nicht Unwissenheit, und entsteht die sogenannte Schlechtigkeit nicht einfach aus Schwäche? Ist Schlechtigkeit nicht oft das Produkt der Ursachen, die schließlich ein Geschöpf wie in Übermacht zu schrecklichen Taten antreiben? Gerade solchen muss geholfen werden, und zwar auf eine höchst intelligente Weise, die bei ihrem Seinszustand anknüpft. Müssen nicht alle heimkehren ins Vaterhaus? Deshalb wird das Schlechte nicht mit Güte belohnt, mit Nachsicht, wie der Humanismus es versteht, sondern mit der Weisheit, die aus einem Plan hervorgeht, der dem Ganzen zugrunde liegt. Darum ist der Weise nicht der Richter, sondern der Lehrmeister des Schlechten.

Kapitel 28

Wer seine männliche Kraft kennt
und doch weibliche Sanftmut bewahrt,
ist das Tal des Reiches.

Wenn er das Tal des Reiches ist, wird ihn
die immerwährende Tugend nicht verlassen,
und er wird zurückkehren zu dem natürlichen,
unkomplizierten Zustand eines Kindes.

Wer sein Licht kennt
und doch im Schatten bleibt,
ist das Vorbild für das Reich.

Ist er das Vorbild für das Reich,
dann wird die immerwährende Tugend
in ihm nicht versagen,
und er kehrt zurück zum Endlosen.

Wer seine Glorie kennt
und in der Schande bleibt,
ist das Tal des Reiches.

Wenn er das Tal des Reiches ist,
wird die immerwährende Tugend in ihm
ihre Vollkommenheit erreichen,
und er wird zum ursprünglichen Zustand zurückkehren.

Als der ursprüngliche einfache Zustand
sich verbreitete, wurden die Dingen gebildet.

Der Weise, der das alles anwendet,
wird selbstverständlich das Haupt der Arbeiter sein.
Er regiert in Erhabenheit
und verletzt niemanden.

Der wirkliche Mensch

Wenn in der Bibel gesagt wird, dass der Mensch nach Gottes Bild und Gleichnis erschaffen wurde, dann darf man nicht in den Irrtum verfallen, dabei an die naturgeborene Persönlichkeit zu denken. Der wirkliche Mensch von Gottes Geschlecht ist der Mikrokosmos, die Monade. Die Persönlichkeit ist das Instrument dieses Menschen, das Instrumentarium, mit dessen Hilfe er sich dem Wesen, dem Ziel, dem Auftrag der Monade nähert und ihr Wesen, ihr Ziel und ihren Auftrag erkennt und verwirklicht. Das göttliche Wesen liegt zweifach in der Monade versunken: als göttliches All-Vermögen und als göttliche Liebe, die männliche Kraft und die weibliche Sanftmut. Das All-Vermögen wird durch die umgekehrt proportionale Polarisation einseitig dargestellt durch den ursprünglichen Typ des Mannes. Die Liebe wird aus denselben Gründen vergegenwärtigt durch den Prototyp der Frau. Das soll natürlich nicht heißen, dass der entgegengesetzte Pol der Monade nicht in jedem seiner Repräsentanten anwesend wäre. (…) Eingebettet in die Liebe Gottes wird die Kraft Gottes offenbar. So schmelzen die beiden monadischen Ströme immer zu einer Einheit zusammen. Aus dieser Einheit wird die Dreiheit, die Sohnschaft, die Gotteskindschaft zu einer großen erhabenen Wirklichkeit.