In den Versen 32-47 des Corpus Hermeticum, 1. Buch, spricht Pymander mit Hermes über die Weltordnung des himmlischen Menschen, das Los der Sterblichen, die Entstehung des Menschen und den wahren Lichtmenschen.
Die Weltordnung des himmlischen Menschen
32. Der Geist, der Vater aller Wesen, der Leben und Licht ist, brachte einen Menschen hervor, ihm selber gleich, zu welchem er als seinem eigenen Kind in Liebe entbrannte. Denn der Mensch, als Ebenbild seines Vaters, war sehr schön; Gott begann so in Wahrheit seine eigene Gestalt zu lieben und übergab ihr all seine Werke.
33. Als jedoch der Mensch die Schöpfung wahrnahm, die der Demiurg im Feuer erschaffen hatte, wollte auch er ein Werkstück hervorbringen, und der Vater gewährte es ihm. Als er darauf in das demiurgische Schöpfungsfeld eintrat, wo er freie Hand haben sollte, nahm er die Werke seines Bruders wahr, und die Rektoren entbrannten in Liebe zu ihm, und jeder von ihnen ließ ihn an seinem eigenen Rang in der Hierarchie der Sphären teilhaben.
34. Als er danach ihr Wesen kennengelernt hatte und an ihrer Art teilnahm, wollte er die Grenzen der Kreise durchbrechen und die Macht dessen kennen lernen, der über das Feuer herrscht.
35. Dann beugte der Mensch, der Macht besaß über die Welt der sterblichen Wesen und der vernunftlosen Tiere, sich vor, durch die verbindende Kraft der Sphären, deren Umhüllung er durchbrochen hatte, und zeigte sich der Natur unten in der schönen Gestalt Gottes.
36. Als die Natur ihn erblickte, der die unerschöpfliche Schönheit und alle Energien der sieben Rektoren in sich besaß, vereinigt in der Gestalt Gottes, lächelte sie voller Liebe; denn sie hatte die Züge dieser wunderbar schönen Form des Menschen sich im Wasser spiegeln sehen und seinen Schatten auf der Erde wahrgenommen.
37. Was ihn selbst betrifft: Als er diese Form, die ihm so sehr glich, durch die Spiegelung im Wasser in der Natur bemerkte, verliebte er sich in sie und wollte dort wohnen. Was er wollte, tat er sogleich, und so begann er, die vernunftlose Form zu bewohnen. Und als die Natur ihren Geliebten in sich empfangen hatte, umfing sie ihn vollkommen, und sie wurden eins; denn ihr Begierdenbrand war groß.
38. Daher ist von allen Geschöpfen in der Natur allein der Mensch zweifach, nämlich sterblich dem Körper nach und unsterblich dem wirklichen Menschen nach.
Das Los der Sterblichen
39. Denn obwohl er unsterblich ist und Macht über alle Dinge hat, erfährt er doch das Los der Sterblichen, da er dem Schicksal unterworfen ist. Dadurch wurde er, obwohl seine Heimat oberhalb der verbindenden Kraft der Sphären ist, in dieser Kraft zum Sklaven; und obwohl er Mann-Weib ist, weil er aus einem Vater hervorkam, der selbst Mann-Weib ist, und obwohl er frei ist von Schlaf, weil er hervorkam aus einem Wesen, das selbst frei ist von Schlaf, wurde er trotzdem von der Begierde der Sinne und vom Schlaf überwunden.
40. Darauf sagte ich: »O, Geist in mir, auch ich liebe das Wort.«
41. Pymander sprach: »Was ich dir sagen werde, ist das Geheimnis, welches bis auf diesen Tag verborgen war. Als die Natur eins geworden war mit dem Menschen, brachte sie ein erstaunliches Wunder hervor. Der Mensch besaß in sich die Art aller sieben Rektoren, die, wie ich dir gesagt habe, aus Feuer und Atem zusammengefügt war; die Natur brachte nun ohne Verzug sieben Menschen hervor, übereinstimmend mit der Art der sieben Rektoren, gleichzeitig Mann und Weib und von aufrechter Gestalt.«
Entstehung des Menschen
42. Nun rief ich aus: »O, Pymander, es ist jetzt in mir ein besonderer Wunsch entstanden, und ich brenne vor Verlangen, es zu hören. Fahre bitte fort!«
43. Pymander sprach: »Sei still; ich bin noch nicht fertig mit meiner ersten Darlegung.«
44. »Ich schweige schon«, antwortete ich.
45. »Wohlan, die Erschaffung der sieben ersten Menschen fand, wie ich sagte, wie folgt statt: Die Erde war die Matrix, das Wasser das erweckende Element; das Feuer brachte den Entstehungsprozess zur Reife, die Natur empfing aus dem Äther den Lebensatem und brachte die Körper hervor nach der Form des Menschen.
Der wahre Mensch ist aus Licht
46. Der Mensch aus Leben und Licht wurde Seele und Gemüt; das Leben wurde Seele, das Licht Gemüt. Alle Wesen der sinnlichen Welt blieben in diesem Zustand bis zum Ende des Kreislaufs und bis zum Beginn der Arten.
47. Und nun gib Acht auf das, was du so gern hören willst. Als dieser Kreislauf vollständig beendet war, wurde das Band, welches alles vereinigte, durch Gottes Willen zerrissen. Alle Tiere, die bis zu diesem Moment gleichzeitig männlich und weiblich gewesen waren, wurden, wie der Mensch, in diese beiden Ansichten getrennt, und so wurden einige Tiere männlich und andere Tiere weiblich. Da sprach Gott das heilige Wort: `Wachset und nehmet zu an Zahl, vermehret euch, ihr alle, die ihr geschaffen seid. Und lasst jene, die das Gemüt besitzen, sich als unsterblich erkennen und wissen, dass die Ursache des Todes die Liebe zum Körper und zu allem Irdischen ist.’
Kommentar Ägyptische Urgnosis Bd 1: Die Entstehung der Welt
Ägyptische Urgnosis Band 1, S.56